Mit dem Ende des Sommers kehren die Berufskommunikatoren aller Branchen wieder zurück an die Schreibtische und müssen sich überlegen, was sie im nächsten Jahr für Maßnahmen umsetzen, welche Mittel sie dafür benötigen und wie sie ihre Ziele festlegen bzw. ihren Erfolg zu dokumentieren gedenken. Dies stellt sich oft gar nicht so einfach dar: Es gilt "realistische bzw. annehmbare Zielvereinbarungen" zu finden, "im Spektrum zwischen streng wissenschaftlich Machbaren und ggf. seltsamen oder utopischen Zielvorstellungen der Vorstandsebene". Eine Gratwanderung zwischen Relevanz, Praktikabilität und Überzeugungskaft, die fast wie die Suche nach dem heiligen Gral anmutet.
Aber es muss nicht unmöglich sein, die Qualität und Leistung Ihrer Arbeit zu dokumentieren und Ziele festzulegen. Starten Sie mit den Dingen, die Sie direkt steuern und die Sie im Sinne Ihres Auftrags für den Geschäftserfolg unternehmen:
Was leisten Sie? Welche Maßnahmen setzen Sie um? Was hätten diese Maßnahmen extern gekostet? "Opportunitätskostenrechnung" nennt Manfred Bruhn diesen Ansatz. In der Praxis bedeutet dies einfach, von einer externen Agentur ein Angebot einzuholen, was die Kommunikationsleistungen, die Ihre Abteilung letztes Jahr erbracht hat, (annähernd) gekostet hätten, wenn Sie sie eingekauft hätten. Dazu gehört auch die Leistung, eine geschäftliche schwierige Situation gut kommuniziert zu haben und eventuell schlimmere Auswirkungen verhindert zu haben - Agenturen lassen sich Krisenmanagement gut bezahlen - warum sollten Sie das nicht Ihrem Vorstand "in Rechnung stellen"? Ein großer Teil des Erfolgs Ihrer Arbeit sind die Produkte und Veranstaltungen, die Sie hervorgebracht haben. Natürlich wird den Vorstand viel mehr interessieren, was "hinten raus gekommen ist". Es ist aber auch schon ein Erfolgsbeweis, zu zeigen, welche Kosten man gespart hat!
Das Geschäft mit der Kommunikation wird durch Beziehungen bestimmt: Wie viele Beziehungen zu Stakeholdern haben Sie? In welcher Qualität?
Würden Sie z.B. dem Journalisten vertrauliche Informationen geben, in der Gewissheit, dass Sie sich auf seine Verlässlichkeit und Integrität verlassen können (Stufe 1)?
Oder trauen Sie ihrem Gegenüber zumindest zu, dass er oder sie Informationen richtig recherchiert und versteht und kommuniziert (Stufe 2)?
Oder ist es einfach nur die Kenntnis der Kontaktdaten, die diese Beziehung ausmacht (Stufe 3)?
Wie viele Stakeholderbeziehungen konnten Sie letztes Jahr in diesem dreistufigen Rating aufbauen bzw. erhalten? Setzen Sie sich auf dieser Basis ein realistisches Ziel für das nächste Jahr!
Natürlich spielt die Medienresonanz eine große Rolle bei der Erfolgskontrolle von Kommunikation. Für eine Zielvereinbarung taugt allerdings nicht die absolute Zahl von Artikeln oder die Reichweiten - zu schnell kann es passieren, dass die Medien über Ihr Unternehmen in Zusammenhang mit unbeeinflussbaren Geschehnissen berichten, für die und gegen die Sie nichts ausrichten können (z.B. Übernahmegerüchte). Dann explodieren auf einmal die Artikelzahlen ohne dass Sie als Kommunikator etwas dafür können. Gleichzeitig wird im Zweifel der Inhalt dieser Berichte nicht unbedingt ihren Kommunikationszielen entsprechen. Für Zielvereinbarungen mit Hilfe von Medienresonanzkennzahlen eignen sich also nur wirklich steuerbare Indikatoren. Diese variieren von Branche zu Branche.
Vorsicht ist gegenüber dem Werbeäquivalenzwert angebracht. Seine Aussageskraft ist sehr umstritten und eigentlich taugt er lediglich als interner Vergleichsmaßstab bei Zeitvergleichen. Beeindruckender können Tausendkontaktpreise (TKP) sein, bei denen angegeben wird, wie viel es gekostet hat, eine Auflage von 1.000 zu erreichen. Der TKP ist eine Kennzahl des Marketings. Im PR-Bereich wird dieser Wert meist unter den Werbekosten liegen - ein Hinweis auf weiteres Cost Saving Potential durch gute Kommunikation!
Unterstützend für den Nachweis von Image und Einstellung der Stakeholder ist ein kontinuierliches Social Media Monitoring sinnvoll: Noch nie waren Meinungen von Stakeholdern kostenlos und so einfach zu erfahren! Ein Twilert liefert Ihnen täglich die Twitter-Kommentare zu Ihrem relevanten Suchbegriff. Kopieren Sie die Kommentare zusammen und erstellen eine Wortwolke (wordle.net) - eine erste kleine Analyse Ihrer Imagetreíber. Wenn Sie wissen, welche Reputations- oder Imagefaktoren für Sie relevant sind, dann analysieren Sie Ihre Internetresonanz danach (sie liegt Ihnen ja meist eh schon digital vor).
Machen Sie dasselbe für einen Mitbewerber und stellen Sie die Egebnisse nebeneinander. Wenn Sie das regelmäßig durchführen, können Sie sich vielleicht noch besser positionieren und dies dann auch gegenüber dem Chef belegen.
Suchen Sie nach "Social Media Monitoring" auf Twitter und Sie erhalten zahlreiche Tipps und Hinweise, wie man wo am einfachsten Daten bekommt und wie erste Auswertungen erstellt werden können. Solche Angebote wie z.B. Socialmention.com entstehen im Moment an jeder "Web 2.0-Straßenecke".
Auch wenn Ihr Chef ein zahlenorientierter Mensch ist: Vergessen Sie nicht, die Inhalte und Qualität Ihrer Arbeit und Ihrer Beziehungsarbeit darzustellen. Immer im Gedanken behalten, dass die wertvollsten Eigenschaften nicht monetär bezifferbar sind!
Ich schreibe gerade an dem Praktikerhandbuch "Evaluation und Controlling von Public Relations. Kommunikation optimieren und steuern.". Es wird ein Praktikerhandbuch, das sehr viele Tipps und Hiweise, Links und Quellen enthalten wird. Es wird Ende des Jahres im Helios Verlag in der depak-Studienreihe erscheinen.